VI. Mozart mit Gletscherblick oder Wäscheklammern und Magnete
Musikgenuss besitzt verschiedene Qualitäten, je nachdem wie und wo die Musik spielt. Praktisch, weil überall verfügbar: Musik aus der Konserve. Meist von namhaften Interpreten eingespielt. Während Stereoanlagen ein zunehmend kümmerliches Dasein fristen, heißt das Format der Stunde mp3. Ob in der Straßenbahn, im Flugzeug, in Küche, Klo oder Keller, die Knöpfe stecken immer im Ohr, und die Musik ist allgegenwärtig. Praktisch, aber wenig exklusiv, ja sogar ein wenig beliebig.
Live-Musik dagegen bietet das unmittelbare Erlebnis, inklusive Nebengeräusche. Kein steriler Studioklang, kein zwischengeschaltetes Mischpult, das für die Einhaltung akustischer DIN-Normen sorgt. Nein, live ist nicht reproduzierbar. Live ist unmittelbar und jede Wiederholung einmalig. Aber auch bei Live-Musik gibt es noch deutliche Qualitätsunterschiede.
Für jeden, der nicht nur mit offenen Ohren, sondern mit sämtlichen wachen und aufnahmefähigen Sinnen ausgestattet ist, muss ein Live-Konzert am Ufer eines Sees, eingebettet in die auf 325 Metern gelegenen Gärten von Schloss Trauttmansdorff mit Blick auf die nur rund 40 Kilometer entfernten Gletscherwelten im 3212 Meter hohen Schnalstal, ein unvergessliches Erlebnis sein. Dieses einzigartige Panorama, vor dem sich das Konzert des Collegium musicum am Pfingstsonntag abspielte, ja gewissermaßen ereignete, nahm sich wie eine akustische Postkartenidylle aus. – (Schweigend schwärmen ist schwierig).

Doch die Idylle hatte ihre Tücken. Der leichte Wind, der bereits während der Einspielprobe eingesetzt hatte und zum trickreichen Befestigen der Notenblätter auf den Pulten mittels Wäscheklammern und Magneten zwang, erwies sich mit Beginn des Konzerts als ausgesprochen hartnäckig und in dessen weiterem Verlauf als arglistig und unberechenbar.

Live-Musik ist also durchaus auch etwas für die Augen. So sehr ich den Musikern ein gelungenes Konzert wünschte, so sehr fieberte ich gleichzeitig dem Augenblick entgegen, in dem eine heimtückische und unerbittliche Böe sämtliche Noten von den Pulten fegen und durch die Luft tragen würde, während die Musiker mit Bögen und Instrumenten bewaffnet, aufspringen und nach den Blättern greifen würden, und aus dem harmonischen Miteinander das große Slapstick-Chaos, die ultimative Kakophonie ausbrechen würde. Die Noten hingen in den Bäumen oder lägen verstreut zwischen den Blumenrabatten - und einige schwömmen, angeknabbert von neugierigen Karpfen, ruhig auf dem See. - Ich hatte den Finger auf dem Auslöser…
Dem Orchester blieb der GAU erspart, nicht zuletzt auch, weil Anne Beitzel tapfer und unbeirrt Antonias Noten im Griff behielt. Mir hingegen entgingen ein paar spektakuläre Aufnahmen. Bleiben immerhin diese.

Fortsetzung: Bilderburg und Burgenbilder
Mehr Bilder zum Beitrag gibt es hier.
Live-Musik dagegen bietet das unmittelbare Erlebnis, inklusive Nebengeräusche. Kein steriler Studioklang, kein zwischengeschaltetes Mischpult, das für die Einhaltung akustischer DIN-Normen sorgt. Nein, live ist nicht reproduzierbar. Live ist unmittelbar und jede Wiederholung einmalig. Aber auch bei Live-Musik gibt es noch deutliche Qualitätsunterschiede.
Für jeden, der nicht nur mit offenen Ohren, sondern mit sämtlichen wachen und aufnahmefähigen Sinnen ausgestattet ist, muss ein Live-Konzert am Ufer eines Sees, eingebettet in die auf 325 Metern gelegenen Gärten von Schloss Trauttmansdorff mit Blick auf die nur rund 40 Kilometer entfernten Gletscherwelten im 3212 Meter hohen Schnalstal, ein unvergessliches Erlebnis sein. Dieses einzigartige Panorama, vor dem sich das Konzert des Collegium musicum am Pfingstsonntag abspielte, ja gewissermaßen ereignete, nahm sich wie eine akustische Postkartenidylle aus. – (Schweigend schwärmen ist schwierig).

Doch die Idylle hatte ihre Tücken. Der leichte Wind, der bereits während der Einspielprobe eingesetzt hatte und zum trickreichen Befestigen der Notenblätter auf den Pulten mittels Wäscheklammern und Magneten zwang, erwies sich mit Beginn des Konzerts als ausgesprochen hartnäckig und in dessen weiterem Verlauf als arglistig und unberechenbar.

Live-Musik ist also durchaus auch etwas für die Augen. So sehr ich den Musikern ein gelungenes Konzert wünschte, so sehr fieberte ich gleichzeitig dem Augenblick entgegen, in dem eine heimtückische und unerbittliche Böe sämtliche Noten von den Pulten fegen und durch die Luft tragen würde, während die Musiker mit Bögen und Instrumenten bewaffnet, aufspringen und nach den Blättern greifen würden, und aus dem harmonischen Miteinander das große Slapstick-Chaos, die ultimative Kakophonie ausbrechen würde. Die Noten hingen in den Bäumen oder lägen verstreut zwischen den Blumenrabatten - und einige schwömmen, angeknabbert von neugierigen Karpfen, ruhig auf dem See. - Ich hatte den Finger auf dem Auslöser…
Dem Orchester blieb der GAU erspart, nicht zuletzt auch, weil Anne Beitzel tapfer und unbeirrt Antonias Noten im Griff behielt. Mir hingegen entgingen ein paar spektakuläre Aufnahmen. Bleiben immerhin diese.

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colonna - 6. Jun, 14:29